Offener Brief zur aktuellen Situation an der Alfred-Schütte-Allee

Sehr geehrte Damen und Herren,

Als Initiative gegen Poser und Raser auf der Alfred-Schütte-Allee begrüßen wir die Fertigstellung der Umbauarbeiten der Straße ausdrücklich, wobei das noch zu diskutierende Einfahrtverbot in die Allee ab Höhe Kreuzung zur Müllergasse nicht aus dem Auge verloren werden sollte.

Es war der Presse zu entnehmen, dass die Geschäftsführung der Schüttewerke sich gegen die Umbaumaßnahmen ausgesprochen hat. Das haben wir nicht anders erwartet. Interimistisch gab es auch eine politische Initiative in der Bezirksvertretung Porz, die auf die negative Stellungnahme der Schütte-Werke zurückzuführen war. Es konnte eine intensive Lobbyarbeit mit erstaunlicher Pressepräsenz beobachtet werden. Daher halten wir es zum jetzigen Zeitpunkt für dringend notwendig zu einzelnen Punkten der Problematik Stellung zu beziehen.

Baumschutz

Auch im südlichen Bereich der Allee muss das Parken unter den Bäumen zwingend und zeitnah unterbunden werden. Erst dann kann die Umgestaltung ihre volle Wirkung hinsichtlich der notwendigen Verkehrs- und Nutzungsberuhigung erreichen. Die Stadt hat dies für Mai geplant, wir hoffen jedoch, dass der Baumschutz noch etwas früher realisiert wird. Täglich werden, – obwohl auf der Straße Parkplätze eingerichtet sind – weiterhin zahlreiche Fahrzeuge auf den Baumscheiben abgestellt. Bisher gibt es unseres Wissens keine Sanktionen durch das Ordnungsamt, obwohl das Parken dort gemäß Baumschutzsatzung der Stadt Köln untersagt ist. Hier parken übrigens nicht nur Poser und Raser, sondern auch Mitarbeiter der Schüttewerke, obwohl es wenige Meter weiter einen Werksparkplatz gibt.

Reger LKW-Verkehr?

Es wird seitens der Schütte-Werke immer wieder von einem regen LKW-Verkehr gesprochen, der durch den Umbau behindert wird. Dieser Schwerlastverkehr findet aus unserer Sicht dagegen eher selten statt. Gestützt wird diese Beobachtung durch viele Diskussionen mit Poller Bürgern zum Thema. Niemand, mit dem wir gesprochen haben, hat diesen regen Schwerlastverkehr je gesehen. Bevor hier ein neuerlicher Anlauf zur Diskussion um diesen LKW-Verkehr geführt wird, müssen unseres Erachtens seitens der Schüttewerke zunächst belastbare(!) Zahlen über die Quantität und Qualität des LKW-Verkehrsaufkommens vorgelegt werden.

Fahren im Stadtgebiet

Darüber hinaus kann man eigentlich von den gelegentlichen anfahrenden LKW-Fahrern durchaus erwarten, leichte Lenkbewegungen durchzuführen und ggf. auf einigen hundert Metern Gegenverkehr für einige Sekunden durchzulassen. Die Fahrleistung, die hier von den Fahrzeugführern erwartet wird, erbringen die KVB-Busfahrer der Linie 159 auf der Schütte-Allee alle 10 Minuten. Zudem wurde der LKW-Verkehr bei der Planung des Umbaus fachlich berücksichtigt.

Eine reine Industriestraße?

Die Geschäftsführung spricht immer wieder von der Alfred-Schütte-Allee als einer Industriestraße. Hier fällt zunächst auf, dass dabei häufig die Historie der Straße bemüht wird. Neben der Tatsache, dass es keinen Sinn macht, ausschließlich in die Vergangenheit zu schauen, ist dies an einseitiger Sicht der Dinge kaum zu überbieten – selbst rückblickend. Zunächst handelt es sich bei dem Gebiet dort gemäß Flächennutzungsplan keineswegs um ein Industrie- sondern um ein Gewerbegebiet. Außer den Schüttewerken gibt es hier nur Kleinbetriebe. Das eigentliche Gewerbegebiet in Poll ist übrigens von den Umbauarbeiten in keiner Weise betroffen.

Bei der Behauptung, es handele sich hier um ein Industriegebiet, wird völlig unterschlagen, dass dort viele Menschen wohnen und dieser Bereich in wachsendem Maße der Naherholung dient. Zudem gibt es dort zahlreiche Möglichkeiten, Sport auszuüben, wobei zu beobachten ist, dass auch immer mehr Bürger der angrenzenden linksrheinischen Stadtteile Poll für sich entdecken.

Rechtsrheinischer Strukturwandel

Beim Beschwören der Historie der Straße sollte man sinnvollerweise die Realität des Jahres 2024 nicht ganz außen vorlassen. Der Strukturwandel ist nun wirklich nicht mehr zu übersehen. Im nördlichen Bereich gab es vor einigen Jahren tatsächlich eine industrielle Nutzung der Allee. Im Deutzer Hafen gab es einen Schrotthändler, einen Holzgroßhandel und weitere derartige Unternehmen. Hier gab es in der Tat regen LKW-Verkehr. Aber dies ist – wie wir wissen – Vergangenheit. Hier ist ein modernes Stadtquartier zum Wohnen, Arbeiten und Leben geplant. Mit Naherholung an der Alfred-Schütte-Allee und den Poller Wiesen. Städtebaulich ein großer Wurf, weil endlich erkannt wurde, wie schön man dort residieren kann.

Die Raser rasen gar nicht?

Weiterhin bagatellisiert die Geschäftsführung der Schütte-Werke die Problematik und Gefährdungslage um die Poser und Raser auf der Allee. Gerade die Bürger in Alt-Poll leiden unter den An- und Abfahrten der meist hoch motorisierten Fahrzeuge der Raserszene erheblich. Auf der Poller Hauptstraße bspw. – in einer 30er Zone – werden nachts mit viel Lärm atemberaubende Geschwindigkeiten gefahren. Wir wissen sehr wohl, dass die mobilen Messeinrichtungen der Stadt recht wenige Geschwindigkeitsübertretungen aufzeichnen. Dies ist jedoch nicht verwunderlich, da die Szene gut vernetzt ist und sich vor solchen Einrichtungen sofort warnt. Teilweise werden diese Einrichtungen auch beschädigt. Es ist bitter, dass Herr Welcker, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Schütte, der selbst nicht in Poll wohnt und sich offensichtlich regelmäßig vor dem Auftreten der Probleme selbst in sein privilegiertes Wohngebiet zurückzieht, hier Falschinformationen kommuniziert, um seine Ziele zu erreichen.

Was bringt die Zukunft?

Zum Ende dieser Stellungnahme sollte ein Blick in die Zukunft der Allee geworfen werden. Gerade der Bezirksvertretung Porz sollte bewusst sein, dass die Entwicklung der Allee gerade aus der Sicht des Porzer Bezirks eine ungute Entwicklung nehmen könnte. Einerseits wird im Norden – Bezirk Innenstadt/Deutz – am ehemaligen Hafen ein modernes, lebenswertes Stadtquartier entstehen, das städtebaulich sicher sogar internationale Beachtung finden wird. Andererseits versucht südlich der Südbrücke im Porzer Bezirk eine einzelne Person, ihre angeblich reine Industriestraße zu konservieren. Ohne Rücksicht auf dort wohnende Bürger, ohne Rücksicht auf erholungssuchende Menschen. Er versucht damit zugleich, eine inzwischen entstandene NoGo-Area mit Raser-Kriminalität, Vermüllung und massenhaftem Lachgasmissbrauch zu erhalten. Wobei man aus Sicht des Porzer Bezirks noch weiter gehen müsste beim Schauen in die Glaskugel. Selbst ohne Schüttewerke und ohne Raser und Poser wird es eine Art urbanes Gefälle geben zwischen dem Deutzer und dem Porzer Teil der Allee. Hier gilt es eigentlich jetzt schon konzeptionell gegenzusteuern. Sonst wird nur noch die Frage sein: Wie groß ist der Unterschied zwischen der schönen und der hässlichen Schwester – nördlicher und südlicher Teil der Allee, die eigentlich in Gänze so viel Potential hat – hier ist einer der schönsten Quartiere dieser Stadt.

Gegenseitiger Respekt

Um Missverständnisse zu vermeiden. Es ist zu wünschen, dass Familienunternehmen wie die Alfred-Schütte-AG prosperieren. Der BDI hat recht, wenn er schreibt: “Mittelstand und Familienunternehmen prägen die deutsche Unternehmenslandschaft. Sie machen den Wirtschaftsstandort international wettbewerbsfähig, stemmen den größten Teil der Wirtschaftsleistung und beschäftigen die meisten Mitarbeiter.” Es ist uns allen auch zu wünschen, dass der Konversionsdruck hinsichtlich der Produktportfolios (ausgelöst durch die wachsende Elektromobilität), der auf dem deutschen Maschinenbau und damit auch der Schütte-AG lastet, gemeistert wird.

Und es sei auch festgestellt: Ein urbanes Wohngebiet wie hier in Poll kann eigentlich mit einem Maschinenbauunternehmen gut leben, wenn es sich als Teil und nicht als Zentrum des Stadtteils sieht. Es ist daher auch sehr zu hoffen, dass die angekündigten, irritierenden Versuche der Schütte AG, gegen die durchgeführten Umbaumaßnahmen vorzugehen, unterbleiben.

Mit freundlichen Grüßen
Initiative gegen Raser
(Ute Ahn, Dirk Baginski, Uwe Becker, Gerald Diepolder, Andreas Hackhausen, Petra Schmidl)